Was lehrt uns die Banane?

Wieder mal hat jemand die 120.000 Dollar Banane ins Spiel gebracht: "Wie kann ich das auch machen?" schreibt jemand in der Facebook Gruppe

Zum Hintergrund: direkt am Eröffnungstag der Art Basel Miami 2019 verkaufte der italienischer Künstler Maurizio Cattelan sein Bananen-Kunstwerk, dass den Namen "Comedian" trägt, sage und schreibe zwei Mal für je 120.000 Dollar (108.000 Euro). Es besteht aus nichts weiter als einer Banane, die mit dickem Klebeband direkt an der Wand befestigt ist.

Als hätte das nicht schon genug Aufregung verursacht (warum eigentlich? Dazu unten mehr...) sorgte dann auch noch der Performancekünstler David Datuna für den endgültigen Hype:

Er spazierte - ungehindert vom Sicherheitsdienst - an den Stand, nahm die Banane von der Wand und verspeiste sie in aller Seelenruhe genüsslich vor den Augen der verblüfften Messebesucher. Seine Performance nannte er sehr passend "Hungry Artist" und kommentierte sie mit: "Ich liebe Maurizio Cattelans Kunst, und ich liebe diese Installation wirklich. Sie ist köstlich.“

Der Galerist reagierte darauf gelassen und meinte, dass es ja bei diesem Kunstwerk nicht um die Banane an sich geht (die würde am nächsten Tag ohnehin verfault sein), sondern um die "Idee" über die die Käufer (für ihre 120.000 Dollar) ein Zertifikat erhalten hätten.

Hier wird es nun endgültig absurd, denn gerade die Idee selbst stammt nicht einmal von Maurizio Cattelan!

Schon Marcel Duchamp hatte 1914 einen Flaschenständer (und 1917 ein Urinal) zum Kunstwerk erklärt und damit die "Idee" eines Werkes von der eigentlichen Ausführung getrennt. Allerdings bekam der Käufer damals wenigstens ein reales Ding in die Hand - auch wenn dieses industriell fabriziert worden und keinesfalls ein Einzelstück war.

Bei Cattelan aber geht es überhaupt nur mehr um das Konzept "Banane an der Wand", welches nun den genannten Betrag wert ist, ohne dass man die Banane und das Klebeband per se erwerben würde.

Dabei ist nicht einmal das Konzept einzigartig, denn er hat es ja schon am Eröffnungstag zweimal verkauft und wird das möglicherweise auch weiterhin (unbegrenzt oft?) tun. Aber mehr noch: auch die Banane an der Wand ist nicht neu! Die Berliner Künstlerin Karin Sander hat bereits 2012 eine - allerdings mit einem Stahlnagel - an der Wand befestigte Banane ausgestellt.

Grund genug, sich über Maurizio Cattelan und diesen Bananen-Stunt (wie einige Medien es nannten) aufzuregen?

Klar, das kann man schon machen, aber ich finde, dabei werden einige Dinge übersehen:

Zunächst einmal die allerwichtigste Frage, die ich mir jedenfalls immer, wenn mich etwas verblüfft (oder auch ärgert) stelle:

"Was kann ich daraus lernen?"

"Würde ICH so etwas (ähnliches) machen wollen?"

Falls ja: "Wie könnte ich das tun?"

Damit kommen wir schon auf die Frage aus dem Facebook-Kommentar zurück: dort hat eine Leserin auf meiner Seite @art-up.coach genau das gefragt: "Wie kann ich das auch machen?"

Als Coach ist meine erste Frage:

WILLST du das überhaupt auch machen?

Und falls ja: was genau willst du machen?

Willst du genau das tun: eine Banane um 120.000.- verkaufen? Irgend ein anderes "wertloses" Teil um eine horrende Summe verkaufen? Oder mit einer - scheinbar - absurden Aktion viel Geld verdienen? Oder möchtest du einfach nur mit deinen Werken, deiner Kunst ebenfalls so viel einnehmen?

Das sind alles ganz verschiedene Ansätze, auf die es auch verschiedene Antworten gibt. Im Kern aber haben alle diesen Antworten (die ich geben könnte) eines gemeinsam:

Aus nichts wird nichts.

Anders ausgedrückt: alles hat eine Vorgeschichte, einen Vorlauf, einen Weg der an diese Stelle geführt hat.

Auch dieser Weg muss und soll begangen werden und die nächste Frage wäre daher: bist du bereit, diesen Weg zu gehen - oder dir einen eigenen, DEINEN eigenen Weg vorzunehmen und ihn zu gehen?

Maurizio Cattelan ist ja kein Unbekannter: er hat davor schon ein goldenes WC verkauft (das nicht gegessen, aber gestohlen wurde und damit ebenfalls für Wirbel sorgte) und zahlreiche andere, Aufmerksamkeit erregende Aktionen geliefert. Er ist einen bestimmten Weg gegangen, den mag man gut finden oder nicht, aber er war dabei konsequent. Und eine dieser Konsequenzen lautet eben: er kann eine Banane mit Klebeband an die Messewand kleben, und seinem Galeristen gelingt es, diese innerhalb kürzester Zeit zu verkaufen.

Nun können wir auch über die Käufer°innen eine oder mehrere Vermutungen anstellen und zu diesen gehört sicherlich, dass sie über ausreichend Geld verfügen, und sie nicht groß überlegen müssen, wie sie dieses anlegen. Aber auch sie haben eine Vorgeschichte, einen Weg, der sie an diese Stelle geführt hat: dieses Geld zu haben und es in genau dieses Werk zu investieren. Für sie hatte dieses Kunstwerk genau diesen Wert, sonst hätten sie ihn nicht bezahlt.

Spannend auch die Rolle des Künstlers, der die Banane gegessen hat: David Datuna hat auch davor schon sehr interessante Performances geliefert und er ist jedenfalls ausgesprochen mutig. Denn wärst du bereit, für deine "15 Minuten Berühmtheit" auf einer Kunstmesse ein Werk zu zerstören und dafür eventuell belangt zu werden?

Selbst dann, wenn das ganze ein abgekartetes Spiel war, wenn der Esser des Werkes mit dem Schöpfer desselben (oder seinem Galeristen) unter einem Hut steckt: all das kommt nicht aus dem Nichts, hat auch Konsequenzen und muss getan werden, damit es passiert, damit irgend etwas passiert.

Was können wir daraus also lernen?

Der Wert einer künstlerischen Arbeit - auch deiner künstlerischen Arbeit - besteht aus vielen, sehr komplexen Komponenten, von denen das "Werk an sich" nur ein Teil ist.

Natürlich sind das Material, das wir dafür benötigen sowie die Zeit, die wir investieren, wichtige Aspekte - aber sie sind eben nur ein Teil, ein bestimmter Prozentsatz des Wertes, der letztlich diesem Werk zugeschrieben wird. Ein anderer Teil ist zum Beispiel die Reputation des Künstlers, der Künstlerin, ihr Wert auf dem dem Kunstmarkt - und die potentielle Steigerung dieses Wertes in der Zukunft.

Die Verteilung der einzelnen Komponenten - Material, Arbeitszeit, Bekanntheit des Künstlers, Entwicklungspotential und in diesem Fall auch ein gewisser "Skandalfaktor" - ist variabel. Das hat keinesfalls mit der "Verrücktheit" des Kunstmarktes zu tun, sondern ist Realität, solange es Menschen und Institutionen gibt, die bereit sind, diese Preise zu bezahlen.

Im vorliegenden Fall hat Maurizio Cattelan vor allem gezeigt, dass der Wert des Materials und der Arbeitszeit praktisch gegen Null gehen kann. Auch das ist nicht neu, das haben schon andere vor ihm getan, die Banane ist einfach nur ein besonders eindrückliches Beispiel, weil bei ihr ganz klar ist wie schnell sie verfaulen wird - und das Klebeband (Panzertape) deutet ebenso auf "so schnell und einfach wie nur möglich hin".

Er hat das ganze also auf die Spitze getrieben, jedenfalls auf eine mögliche Spitze, denn wie gesagt, andere haben das auch schon getan, und sogar auf ähnliche Art und Weise (*). 

In Wahrheit aber hat er vor allem gezeigt, dass es immer noch geht - und immer noch für Aufregung sorgt. Das ist der eigentliche Wert dieses Kunstwerkes.

Was können wir also wirklich daraus lernen?

  • Alles hat eine Vorgeschichte: der Weg den du gehst und der Ruf, den du dir erwirbst, ist ein entscheidender Faktor für den Wert deiner Kunst
  • Wenn du sagst: "Das will ich auch" - bist du dann bereit, das zu tun, was dorthin führt? (Das muss nicht bedeuten: genau das selbe zu tun - sondern das, was DU tun solltest, um zu deinem Ziel zu gelangen).
  • Verlange, was du verlangen möchtest und arbeite daran, die dafür passenden Käufer°innen zu finden
  • Lass dich von blöden Kommentaren nicht abhalten (die blöden Kommentare könnten sogar Teil und Ziel deiner Arbeit sein)
  • Material und Arbeitszeit sagen nichts über den Wert eines Kunstwerkes aus
  • Danke niemals: das hat's ja schon gegeben, das ist nicht neu - denn was ist der Aspekt, den du hinzufügst?
  • Arbeite konsequent an deinem Weg und an den Zielen, die du erreichen möchtest
  • ...

Was fällt euch noch ein?

Was wären DEINE Erkenntnisse aus dieser Geschichte?

Bin schon gespannt!

Euer

(*) Vor Kurzem hat der Künstler Salvatore Garau sogar eine "Unsichtbare Skulptur" verkauft.

 

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